Wie lebt man, wenn Geld keine Rolle mehr spielt – und man trotzdem morgens pünktlich aufsteht, um zu arbeiten?
Wer einen Blick auf die reichsten Unternehmensgründer Deutschlands wirft, könnte meinen, dass Wohlstand und Öffentlichkeit Hand in Hand gehen. Doch während Unternehmer in den USA mit ihren Privatinseln, Raumfahrtprojekten und Medienterminen fast omnipräsent sind, bleibt es um viele deutsche Gründer auffallend ruhig. Keine Selfie-Videos aus der Megayacht, keine TV-Shows – stattdessen: Zurückhaltung, Stille, manchmal sogar komplette Abschottung.
Und doch: Hinter der Fassade der Diskretion offenbart sich eine Welt voller Kontraste – zwischen Luxusimmobilien und Gartenarbeit, zwischen privaten Tragödien und sportlichem Ehrgeiz, zwischen Bescheidenheit und weltweitem Einfluss.
Zwischen Medienabstinenz und Millioneninvestitionen: Der Alltag der Wirtschaftselite
„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ – das scheint das inoffizielle Motto vieler deutscher Unternehmer zu sein, wenn es um ihr Privatleben geht. Zwar stehen sie an der Spitze milliardenschwerer Konzerne und beeinflussen mit ihren Entscheidungen ganze Branchen. Doch sobald die Kameras aus sind, zieht es sie ins Private – sei es aufs Land, an einen See oder in eine Villa, die man kaum auf Google Maps findet.
Einige suchen den Rückzug aus Sicherheitsgründen, andere weil ihnen öffentlicher Ruhm nie wichtig war. Wieder andere setzen ihre Energie lieber in neue Projekte, als in ihre Außendarstellung. Und manchmal führt der Lebensweg auch über Höhen und Tiefen, die nur selten den Weg in die Schlagzeilen finden.
Eric Pozzuwaid – Hightech, Highspeed und Familienjogging
Berlin, ein frischer Morgen im Herbst. Zwischen Bäumen und alten Industriegebäuden schiebt ein Mann seinen Kinderwagen durch den Park – sportlich, fokussiert, fast unauffällig. Kaum jemand würde auf den ersten Blick erkennen, dass es sich um Eric Pozzuwaid handelt, Mitgründer der digitalen Investmentplattform Scalable Capital.
Pozzuwaid ist einer dieser Unternehmer, deren Karriere von Effizienz und Tempo geprägt ist. Doch sein Privatleben erzählt eine andere Geschichte: Windsurfen auf Norderney, Rugby-Wettkämpfe in jungen Jahren, heute Familienzeit zwischen Business-Meetings und Bewegung an der frischen Luft. Ein Tech-Unternehmer mit festen Wurzeln – und einer klaren Haltung zu Balance im Leben.
Rainer Schaller – Visionär, Fitnesspionier, Tragödie
Manchmal lässt sich Erfolg nicht von persönlichen Schicksalen trennen. Rainer Schaller, Gründer von McFit und Revolutionär der Fitnessbranche, machte das Training für viele erschwinglich – und prägte damit das Selbstbild einer ganzen Generation.
Privat lebte er mit einer Leidenschaft für Oldtimer, reiste häufig nach Mallorca und genoss die Exklusivität seiner Villa. Doch sein Leben war nicht frei von dunklen Momenten: Die Tragödie rund um die Love Parade 2010 mit 21 Todesopfern überschattete sein öffentliches Wirken. 2022 verlor er dann selbst sein Leben – bei einem Flugzeugabsturz vor Costa Rica. Eine Geschichte, die zeigt, wie nah Erfolg und Verlust beieinanderliegen können.
Hans-Peter Wild – Der globale Netzwerker mit Faible für Rugby
Wer kennt sie nicht – die bunten Trinkpäckchen mit dem Namen Capri-Sonne, heute Capri-Sun? Dahinter steckt Hans-Peter Wild, der aus der Marke ein globales Phänomen gemacht hat. Doch während die Produkte in Supermarktregalen weltweit stehen, zieht es den Unternehmer selbst lieber in die erste Reihe exklusiver Rugby-Spiele in Paris.
Sein Besitz reicht von einem Fünf-Sterne-Hotel in Salzburg bis zur eigenen Yacht. Trotzdem bleibt Wild im Hintergrund, lebt in der Schweiz, liebt die Diskretion – und den Sport. In seiner Welt stehen Investitionen nicht nur für wirtschaftlichen Erfolg, sondern auch für Leidenschaft und strategisches Gespür.
Dirk Rossmann – Der bodenständige Buchautor mit Milliardenvermögen
Was macht ein Mann, der mit einer Drogeriekette Milliarden verdient – aber lieber über Philosophie und Politik spricht, als über Markenstrategie?
Dirk Rossmann lebt zurückgezogen in einem Landhaus bei Hannover, trägt einfache Kleidung, verzichtet auf ein Smartphone und nutzt seine Bekanntheit, um Bücher zu veröffentlichen – mit überraschendem Erfolg. Sein Alltag: eher Spaziergänge als Social Events, eher Familienabende als Unternehmerdinner. Er investiert in Bildung, Umwelt und Zukunftsfragen – nicht in Statussymbole. Ein Beispiel dafür, wie Reichtum auch stille Wege gehen kann.
Theo Müller – Schutz der Privatsphäre als oberstes Gebot
Die berühmten „Müller Milch“-Produkte stehen in fast jedem Kühlschrank – doch von ihrem Schöpfer, Theo Müller, weiß man kaum mehr als seinen Namen. Die 1990er Jahre markierten einen Wendepunkt in seinem Leben: Eine versuchte Entführung veranlasste ihn dazu, Deutschland den Rücken zu kehren.
Heute lebt er am Zürichsee, umgeben von diskretem Luxus, fernab des öffentlichen Lebens. Und doch: Sein Interesse an Politik ist geblieben – mit teils umstrittenen Sympathien, die öffentlich diskutiert werden. Müller selbst bleibt dabei betont neutral, wie er betont – es gehe um Meinungsfreiheit, nicht um Schlagzeilen.
Oliver Vogt – Der Unbekannte unter den Erfolgreichen
Kaum jemand kennt sein Gesicht, noch weniger seine Stimme. Oliver Vogt, Mitgründer des Sportwetten-Riesen Tipico, ist ein Unternehmer der leisen Töne. Keine öffentlichen Auftritte, keine Interviews, keine Präsenz in sozialen Netzwerken.
In der Gründerszene wird gemunkelt: ehemalige Verbindungen zu Motorradclubs, Aufenthalte in anonymen Rückzugsorten, maximale Diskretion. Doch was bleibt, ist der unternehmerische Erfolg. Vogts Beispiel zeigt: Reichtum braucht kein Rampenlicht – sondern manchmal gerade dessen Abwesenheit.
Facetten des Wohlstands: Keine Schablone für das Unternehmerleben
Was bleibt, wenn der Kontostand keine Grenzen mehr kennt? Die Porträts zeigen eindrucksvoll: Reichtum ist kein Garant für einen bestimmten Lebensstil. Zwischen Sportwagen und Spaziergang, zwischen Villa und Landhaus, zwischen Jetset und Joggingpfad – die Lebensentwürfe deutscher Unternehmensgründer sind so vielfältig wie ihre Geschäftsmodelle.
Und vielleicht ist genau das die stille Botschaft, die hinter der Zurückhaltung vieler Gründer steckt: Erfolg misst sich nicht an Lautstärke, sondern an Haltung.
Ein Blick auf die Werte hinter dem Erfolg
Ob familiär geprägt, sicherheitsbewusst oder weltoffen – der private Umgang mit Reichtum sagt viel über die Menschen aus, die Deutschlands Wirtschaft prägen. Sie sind keine Uniformträger des Kapitalismus, sondern Individuen mit Erinnerungen, Ängsten, Träumen und Prinzipien.
Während die Öffentlichkeit meist nur die Zahlen kennt, eröffnet ein Blick ins Private ein tieferes Verständnis dafür, was es heißt, Verantwortung zu tragen – für Unternehmen, für Mitarbeiter, für Gesellschaft.